Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband RheinBerg-Oberberg e. V.

Radfahren-aber sicher

Analyse des Jahresunfallberichtes RBK 2020 für Bergisch Gladbach

Bild 6: Waffelpause
Bild 6: Waffelpause © Polizei RBK

Im März hat die Polizei des RBK den jährlichen Unfallbericht für das Jahr 2020 herausgegeben. In der Zwischenzeit hat der ADFC die darin enthaltenen Daten zu Fahrrad-Unfällen einer vertieften Analyse unterzogen. Dass mit der starken Zunahme des E-Bike-Verkehrs auch der Anteil von Unfällen mit Pedelecs stark zugenommen hat, ist allgemein bekannt. Ebenso vermutlich die Tatsache, dass der größte Teil der Unfälle an Kreuzungen, Einmündungen Ausfahrten erfolgen.  Im Folgendem geht es insbesondere um vertiefte Daten und Analysen zur Anzahl, Ursachen, Lokalisation und Prävention von Unfällen mit Fahrradbeteiligung.

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Anzahl und Entwicklung der Unfallzahlen im RBK

Über die letzten 6 Jahre betrachtet ist im Rheinisch Bergischen Kreis die Zahl der Radverkehrsunfälle mit Körperverletzung mit 199 Unfällen in 2020 annähernd konstant geblieben (s. Abb. 1). Die leichte Zunahme um 16 Unfälle (9%) gegenüber 2019 ist aber trotzdem besorgniserregend, weil die Anzahl an Verkehrsunfällen insgesamt im gleichen Zeitraum um 13% abgenommen hat. Besonders tragisch war dabei der tödliche Unfall eines Radfahrers in Schildgen (LKW-Rechts-Abbiege-Unfall).

Dramatisch zugenommen hat die Zahl der Unfälle mit Pedelec-Beteiligung (mit +124% mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr, s. Abb. 2). Fast an der Hälfte der Unfälle mit Fahrradbeteiligung waren Pedelecs beteiligt. Dies kann nur teilweise auf den generellen Zuwachs von Pedelecs zurückgeführt werden, der immerhin +43% umfasste (bundesweiter Zuwachs am Pedelec-Verkaufszahlen in 2020, https://de.statista.com). Neben den höheren Ansprüchen an die Beherrschung von Pedelecs ist nach Ansicht des ADFC die unzureichende Radverkehrsinfrastruktur auf die höheren Geschwindigkeiten von Pedelecs überhaupt nicht vorbereitet. Da sich der Pedelec-Boom vermutlich in den nächsten Jahren fortsetzen wird, ist der Ausbau der Infrastruktur mehr als überfällig (S. auch Demo für Pop-Up Radwege am 3.6.2021). Das vom ADFC unterstützte gemeinsame Pedelec-Schulungsprogram der Stadtverkehrsgesellschaft und der Polizei sollte unbedingt fortgeführt und intensiviert werden.

Etwa die Hälfte der Unfälle mit Fahrrad-Beteiligung im Kreis entfallen auf die Kreisstadt Bergisch Gladbach. Dies gilt auch für die Pedelec-Unfälle. Der Anteil entspricht dem Bevölkerungs-Anteil der Stadt an der des Gesamtkreises. Offensichtlich korreliert der vorletzte Platz der Kreisstadt beim Fahrradklima-Test 2020 nicht mit den Unfallzahlen. Die Radfahrenden haben leidvoll lernen müssen, ihr Fahrverhalten an die schlechte Infrastruktur anzupassen.

Detail-Informationen für die Stadt Bergisch Gladbach

Im Weitern erfolgt eine vertiefte Betrachtung der Unfall-Daten für die Kreisstadt, die PHK U. Schramm von der Kreispolizeibehörde dankenswerter für den ADFC erstellt hat und die, wie o.a., vielleicht repräsentativ für den gesamten Kreis ist. Im Gegensatz zur Statistik des Kreises wurden für Bergisch Gladbach alle Unfälle, also auch die gemeldeten Unfälle ohne Personenschaden (z.B. nur Sachschaden) einbezogen. Nicht enthalten ist Dunkelziffer der Unfälle, die nicht gemeldet wurden und die vielen Beihnahe-Unfälle.

Anzahl und Kategorie

Die polizeilich erfassten Unfälle beliefen sich auf insgesamt 182. D.h., im Durchschnitt ereignete sich fast jeden zweiten Tag ein Fahrrad-Unfall, davon nur weniger als ein Drittel ohne Verletzungen.

Kategorien: 1=Getötete, 2=Schwerverletzte, 3=Leichtverletze, 5=ohne Verletzung, 6=Alkohol oder Drogeneinfluss

Unfalltypen

Bei dem Kriterium „Unfall-Typ“ fällt auf, dass sich 86 Unfälle, also fast die Hälfte, in einer Abbiege-, Einbiege- oder Kreuzungssituation ereigneten, was für die Präventionsmaßnahmen wichtig ist (s.u.). Der nächst-häufigere Unfalltyp ist der als „Fahrunfall“ definiert Typ mit ca. 20% aller Unfälle. Darunter werden Unfälle ohne Einwirkung anderer Beteiligter erfasst, bei denen Radfahrende die Beherrschung über das Rad verloren haben, ob durch Fahrfehler, ungemessen zu hoher Geschwindigkeit oder aufgrund von Fahrbahnschäden, Ausweichmanövern auf zu engen Radwegen und Bedrängung durch PKW-Verkehr, ist dabei nicht erfasst.

Die viel zitierten Unfälle durch linksseitige Geister-fahrer und durch sich öffnende Türen parkender Autos sind nicht die Hauptursache und nicht separat erfasst, aber infolge kontinuierlicher Aufklärungsarbeit leicht rückläufig. Trotzdem sind sie sehr relevant, da sie zu den absolut schmerzhaften und leicht vermeidbaren Unfalltypen gehören.

Andere beteiligte Verkehrsteilnehmer

Interessanterweise waren insgesamt nur 7 Fußgänger an Fahrradunfällen beteiligt, keiner in der Fußgängerzone. Auch hier ist die subjektive Gefahreneinschätzung oft höher als die objektive. Die Dunkelziffer für Beinah-Unfälle mit Fußgängern und die Fälle nicht angemessener Geschwindigkeit von Radfahrenden auf Gehwegen dürfte aber nicht unerheblich sein.  Die hauptbeteiligten Verkehrsteilnehmer waren mit ungefähr zwei Dritteln die PKWs, weniger die Großfahrzeuge. (Die 189 beteiligten Radfahrer entfallen auf die 182 Unfälle, statistisches Artefakt). Nur bei 7 Unfällen handelte es ich um Zusammenstöße mit anderen Radfahrern.

(Die Gesamtzahl der Beteiligten ist höher als die Gesamtzahl der Unfälle)

Lokalisation:

In dem u.a. Stecknadel-Diagramm kann man die räumliche Verteilung erkennen, und sieht einige Cluster-Bildungen (z.B. wo viel Rad gefahren wird, passierten auch mehr Unfälle).

Die meisten Unfälle ereigneten sich in der City und auf den Hauptverkehrsstraßen in Richtung Köln, Refrath und Bensberg sowie von Bensberg in Richtung Frankenforst. Auffälligerweise sind die Achsen nach Paffrath/Schildgen, Odenthal, WIpperfürth und Herrenstrunden weniger unfall-belastet. Möglicherweise korreliert die Häufung bei den drei Erstgenannten damit, dass die Radverkehrsführung hier überwiegend auf dem Hochbord, gemeinsam mit den Fußverkehr, entlang an vielen Kreuzungen, Einfahrten und parkenden Autos, erfolgt. Dies entspricht auch den Forschungsergebnissen, dass das Fahren im Mischverkehr auf der Fahrbahn objektiv sicherer ist, wohingegen die Radfahrenden aber in großer Mehrheit sich auf dem Hochbord sicherer und durch schnell fahrende, wenig Abstand haltende KFZs und LKWs stark bedroht fühlen. Das Fahren im Mischverkehr auf engen Fahrbahnen bei hohem Verkehrsaufkommen ist stressig und unattraktiv.

Hochbord vs. Mischverkehr - was ist zu tun?

Da in Bergisch Gladbach auf den meisten Ausfallstraßen ein kompletter Verzicht auf Hochbord-Radwege auch zukünftig nicht möglich sein wird, müssen diese sicherer gestaltet werden. Hierzu gehört der kontinuierliche Entfall des Parkens auf der Straße, wenn rechts davon ein Radweg verläuft und das konsequente Aufbringen von roten Furtmarkierungen auf Radwegen, wo diese an Kreuzungen und Einmündungen vorfahrtberechtigt sind. Parallel dazu muss das Radfahren im Mischverkehr auf der Fahrbahn attraktiver gestaltet werden, z.B. durch Reduktion der zulässigen Geschwindigkeit auf maximal 30km/h, vorgezogene Haltelinien, separate Aufstellflächen oder Grünvorsprung vor Ampeln. Diese Maßnahmen müssen bei den Kommunen eine viel höhere Priorität bekommen, weil hier mit wenig Aufwand viel erreicht werden kann.

Visionen

Neben der „Vision Zero“ bzgl. tödlicher Radunfälle muss es das Ziel sein, auch die Unfälle mit Schwerverletzten drastisch zu reduzieren. Das geht nur mit maximaler Wachsamkeit und Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer. Jeder Unfall ist vermeidbar und ein Unfall zu viel!

https://rheinberg-oberberg.adfc.de/veroeffentlichung/radfahren-aber-sicher

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