Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband RheinBerg-Oberberg e. V.

Radeln durch Spitze – alles andere als „Spitze!“

In Spitze, einem kleinen Ortsteil der Gemeinde Kürten oberhalb des Strundetals, kreuzen sich mit der L289 und der L286 zwei wichtige Landesstraßen.

Spitze
Spitze © Bernd Beckermann

Beide Straßen haben gemeinsam, dass der Radverkehr aufgrund fehlender oder maroder Radwege gezwungen ist, auf der stark befahrenen und für Radfahrende gefährlichen Fahrbahn zu fahren.

Die L289 verbindet die B506 von der Gemeindegrenze in Eikamp und Bechen über Blissenbach, Spitze, Herkenrath und Moitzfeld mit der A4 in Bensberg. In Spitze kreuzt sie die L286, die von Kürten über Herrenstrunden nach Bergisch Gladbach führt (S. Abb. 1 und Abb. 2.)

Beide Straßen verzeichnen ein Verkehrsaufkommen von 6.000 bis 10.000 Kraftfahrzeugen sowie 150 Schwerlastern pro Tag. Radfahren ist in alle vier Richtungen nicht ungefährlich. In die Richtungen Bechen, Bensberg und Kürten gibt es keinerlei Radverkehrsinfrastruktur.  Einzig in Richtung Herrenstrunden existiert ein teilweise schadhafter, aber nicht offiziell freigegebener Radweg (s. Problem 1).

Die Probleme für die vier Himmelsrichtungen stellen sich im Detail wie folgt dar:

Problem 1: Spitze <-> Bergisch Gladbach

Auf dieser Strecke war im Bereich der geschlossenen Ortschaften in Spitze bzw. in Herrenstrunden jeweils für beide Richtungen der breite Hochbord verfügbar. Dazwischen schließt sich außerorts übergangslos ein breiter, durch einen Sicherheitsgrünstreifen getrennter asphaltierter Radweg an. Er ist für die meisten Radfahrenden deutlich sicherer als, insbesondere bergauf, im Mischverkehr fahren zu müssen und von Kraftfahrzeugen mit bis zu Tempo 100 eng und gefährlich überholt zu werden. Leider weist der Weg etliche sanierungsbedürftige Wurzelaufbrüche auf, die insbesondere bergab ein sicheres Radeln gefährden.

Zusätzlich fehlt eine offizielle Freigabe für den Radverkehr. Nach der weitgehenden Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht vor über zehn Jahren wurden die entsprechenden Verkehrsschilder entfernt – das letzte im Jahr 2020. Resultat: Auf der gesamten Strecke gibt es kein einziges Verkehrszeichen, welches die Benutzung dieses Weges durch den Radverkehr erlaubt! Insbesondere auf den beiden Abschnitten auf dem Hochbord in Herrenstrunden und in Spitze ist die Polizei also berechtigt, Bußgelder zu erheben. Im Falle eines Unfalles auf dieser Strecke ist der Radverkehr unter Umständen voll haftbar - ein untragbarer Zustand.

Trotz mehrfacher Hinweise durch den ADFC passiert seit Jahren nichts. Verantwortlich sind die Straßenverkehrsbehörden der Stadt Bergisch Gladbach und des Rheinisch-Bergischen Kreises (für die Gemeinde Kürten zuständig) sowie das Land NRW mit Straßen.NRW als Baulastträger für die nötige Sanierung. Diese Beteiligten tun sich offensichtlich sehr schwer, das Problem gemeinsam zu lösen. Der ADFC fordert nun erneut dringend Abhilfe.

Problem 2: Spitze <-> Herkenrath

Seit rund 20 Jahren plant Straßen.NRW hier einen 1,5 km langen Zwei-Richtungs-Radweg, der auch für Schulkinder zum Schulzentrum Herkenrath von großer Bedeutung ist. Bereits 2016 wurde das Projekt auf der Prioritätsliste des Regionalrats Köln auf Platz 1 gesetzt, und 2020 fand die erste Kidical Mass (eine Demonstration für kinderfreundliche Verkehrsplanung) statt.

Mittlerweile wurde die Entwurfsplanung endlich abgeschlossen, doch der Baubeginn 2025 ist noch unsicher, da der notwendige Grunderwerb – unter anderem von Kirchengrundstücken – noch nicht vertraglich geregelt ist.

Im Ortskern Spitze gibt es einen Wermutstropfen: Es wird zwar bis Herkenrath einen 2,5 m breiten, mit einem Grünstreifen vom Straßenverkehr geschützten Radweg geben. Dieser kann aber erst hinter dem Ortsausgang Spitze hinter der Ortslage Trotzenburg beginnen. Der Grund: Seit Jahrzehnten ist die Ableitung des Regenwassers von der Landesstraße ungelöst. Zwischen Trotzenburg und Kreuzung mit der L286 ist daher keine Anlage eines Hochbordes möglich und der Radverkehr wird weiterhin im Mischverkehr erfolgen müssen. Auch für dem Fußverkehr direkt neben der Straße ist die Situation mehr als unbefriedigend (S. Abb. 3).

Problem 3: Spitze <-> Schanze

Auch hier ist seit langem ein straßenbegleitender 2-Richtungs-Radweg an der L289 geplant. Er soll auf der östlichen, Blissenbacher Seite gebaut und 1,8 km lang werden. Im Jahr 2015 schon auf Rang 6, hat das Projekt sich jetzt im Regionalrat Köln in 10 Jahren um 4 Plätze auf Rang 2 vorgearbeitet.

Einige Alleenbäume müssen leider entfernt werden. Es ist begrüßenswert, dass als Ausgleich nicht nur Ersatzpflanzungen erfolgen, sondern auch eine erhebliche Anzahl zusätzlicher Bäume zur Schließung bestehender Lücken im Alleenbereich gepflanzt werden.

Herausfordernd ist der Erwerb der benötigten Grundstücke. Hier müssen mit über 20 Eigentümern Vereinbarungen getroffen werden. Um den Planungsprozess zu beschleunigen, wird Straßen.NRW im Herbst 2025 über die Bezirksregierung Köln ein Planfeststellungsverfahren einleiten. Bereits im Februar 2025 fand die dazu erforderliche frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit in der Grundschule Dürscheid statt, bei der die zahlreich erschienenen Bürger ihre Bedenken und Anregungen äußern konnten. Auch der ADFC hat bereits zwei zentrale Kritikpunkte angemeldet:

  1. Die derzeit geplante Radwegeführung in Schanze von der B506 aus Bechen kommend erfordert eine doppelte Straßenquerung. Eine direktere Lösung mit Nutzung der alten Landstraße wäre sicherer.
  2. Der Radweg endet in Spitze bereits am Beginn der geschlossenen Ortschaft und geht in beidseitige gemeinsame Hochbord-Geh-/Radwege über. Für die weitere Fortsetzung des Radverkehrs nach rechts am „freien Rechtsabbieger“ auf den derzeit nicht ausgewiesenen Radverkehr in Richtung in Herrenstrunden (Problem 1) und nach links (Problem 4) bzw. geradeaus (Problem 2) wird keine separate Radverkehrsinfrastruktur angeboten. 

    Bei der derzeitigen Planung ist also mutiges und gleichzeitig vorsichtiges Fahren im Mischverkehr weiterhin die einzige Option.

Aber auch mit dem beabsichtigten Planfeststellungsbeschluss ist noch ein weiter, zeitraubender Weg bis zur Baugenehmigung zu beschreiten. Wichtige Schritte sind u.a. die Öffentliche Auslegung der Pläne, die Bürgerinformation und Beteiligung der Betroffenen, die Einwendungen und Anregungen sowie Gegenäußerungen, Erörterungstermine zu den Einwendungen, usw. (s. auch www.strassen.nrw.de/de/planfeststellung.html)

Der zeitliche Rahmen obliegt der Bezirksregierung Köln und kann nicht vorhergesagt werden. Ein Feststellungsbeschluss und ein Radwegbau noch in diesem Jahrzehnt wäre nach Einschätzung des ADFC eher optimistisch.

Problem 4: Spitze <-> Dürscheid

Auf dieser Strecke gibt es keine Radinfrastruktur. Das Planungsbüro Isaplan hat im Januar 2024 den guten Vorschlag gemacht, eine Fahrradstraße über den Wirtschaftsweg „Zur Kapelle“ und die Straße „Kirchberg“ nach Dürscheid einzurichten (S. Abb. 4).

Wann und wie schnell die Planung weitergeht, ist jedoch unklar. Die Verantwortung liegt bei der Gemeinde Kürten, die die Priorisierung in Politik und Verwaltung setzen muss. Sollte das Projekt realisiert werden, wäre es die erste Fahrradstraße auf freier Strecke im Bergischen Land – das wäre wirklich „Spitze!“.


https://rheinberg-oberberg.adfc.de/neuigkeit/radeln-durch-spitze-alles-andere-als-spitze

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