Neue Radwege an Landesstraßen? Fehlanzeige!

Der Bau der Radwege an der L289 zwischen Herkenrath und Kürten-Spitze sowie die Fortsetzung bis zur B506 in Bechen-Schanze (auf Prio-Platz 1 bzw. 2 gesetzt) verzögert sich nach Auskunft des Landesbetriebes Strassen.NRW

L260 Radweg
L260 Radweg © Bernhard Beckermann

und eine Fertigstellung ist nicht vor 2025 zu erwarten. Für den nächsten, auf Prio 3 gesetzten Abschnitt des Agger-Sülz-Radweges zwischen Untereschbach und Hoffnungsthal, hat noch nicht mal die Vorplanung begonnen. Warum geht es mit dem Radwegebau an unseren Landesstraßen so langsam voran? Der ADFC hat bei Strassen.NRW nachgeforscht.

Landesstraßen

sind wichtige Verkehrsverbindungen zwischen den Kommunen und Städten sowohl im Rheinisch-Bergischen Kreis als auch im Oberbergischen Kreis. Das gilt natürlich auch für den Radverkehr, aber gibt es auch sichere, separat geführte Radwege?

Wie ist der Bestand?

Für den Radverkehr wurde 2023 für die o.a. Landkreise und den nördlichen Rhein-Sieg-Kreis ein regionales Radverkehrsnetz mit Haupt- und Nebenrouten definiert (Abb. 1).

https://rbk4.rbkdv.de/tops/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZdqgfCYAKD3IXemjE8lcSiY

Das Netzt umfasst insgesamt 1.112 km, hat aber auf einer Länge von 586 km noch keine eigenständige, geschützte Radwege. D.h., auf der Hälfte des Radwegenetzes (Netzlücke) ist der Radverkehr gezwungen, zusammen mit dem PKW- und dem Schwerlastverkehr auf der Fahrbahn zu fahren.  321 km des ermittelten Bedarfs entfallen auf Landesstraßen. Für diese Straßen ist das Land NRW, vertreten durch den Landesbetrieb Strassen.NRW, verantwortlich.

Für das Schließen dieser Netzlücke erfordern die Richtlinien zu Recht separate, straßen­begleitende Radwege mit Mindestbreiten von 2,5m. Sie sollen außerorts durch einen Sicherheits-Grünstreifen von 1,75m von der KFZ-Fahrbahn abgesetzt sein.

Wie sieht die Realität der letzten 10 Jahr aus?

Der Landesbetrieb Strassen.NRW bekommt jedes Jahr vom Land Geldmittel, um neue Radwege an Landesstraßen zu bauen. Für das rechtsrheinischen Rheinland könnten mit diesen Beträgen pro Jahr lediglich Radwege von etwa 1 bis 2 km Länge finanziert werden. In der Praxis der letzten Jahre konnte das verfügbare Geld dafür noch nicht einmal ausgegeben werden. Angesichts des Bedarfs für die Netzlücke von über 300 km (über 150 km allein für die Hauptrouten) ist das derzeitige Gebaren ein aussichtsloses Unterfangen.

Jedes Jahr im Herbst legt Strassen.NRW dem Regionalrat den Stand der Planung für neue Radwege vor, so auch im Oktober 2023 im Sitzungssaal der Bezirksregierung Köln. Der ADFC war dabei und hat nachgeforscht mit erschreckendem Ergebnis: In der Zeit von 2015 bis 2023 konnten nur 3 Radwege mit einer Länge von insgesamt 2,8 km gebaut werden (Abb. 2). Auch in 2024 kann aufgrund fehlender Planungsfortschritte kein weiterer Radweg fertig gestellt werden. D.h.: in 10 Jahren erfolgte nur alle 3 Jahre ein Lückenschluss von ca. 1 km, also im Durchschnitt nur 0,33 km pro Jahr.

 Zusammen mit den in Abb. 2 aufgeführten Strecken gibt es noch eine Warteliste mit weiteren, von den Kommunen bereits angemeldeten Maßnahmen. Sie umfasst mehr als 100 Strecken. Ist dem Land NWR diese „Mission Impossible“ eigentlich bekannt?

Und wie sieht es aktuell im RBK aus (Stand November 2023)?

Derzeit wartet immer noch der Bau des Radweges an der L289 (Unfallstrecke!) von Bergisch Gladbach Herkenrath nach Kürten-Spitze auf seinen Baubeginn (Platz 1 auf der Prioritätenlisten seit 2016!). Hier sind jetzt die Absprachen mit der Unteren Naturschutzbehörde abgeschlossen. Der nötige Grunderwerb konnte aber immer noch nicht abgeschlossen werden, u.a. weil Tauschflächen an anderer Stelle benötigt werden.

https://bezreg-koeln.ratsinfomanagement.net/tops/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZQ1d0ehipCo7GpIjkEDNEi0

Bei der Fortsetzung der Strecke von Kürten-Spitze bis zur B506 in Bechen (Platz 2) gibt es noch Klärungsbedarf bzgl. der Alleenbäume im Bereich der geschützten „Deutschen Alleenstraße“. Ob darüber hinaus der nötige Grunderwerb hier problemlos realisiert werden kann, bleibt abzuwarten. Woher Strassen.NRW den Optimismus nimmt, in 2024 mit dem Bau beider Radwege starten und 2025 fertig stellen zu können, bleibt sein Geheimnis, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Als nächstes wäre dann ab 2026 der Ausbau des Agger-Sülz-Radwege dran (als Prio 3 gesetzt). Ob dann 2026 und 2027 der Abschnitt des Agger-Sülz-Radweges zwischen Untereschbach und Rösrath-Hoffnungsthal gebaut werden kann, ist sehr zweifelhaft. Hier ist die Vorplanung noch nicht gestartet und der Verlauf der Strecke nahe an der Sülz inkl. der Brückenbau für den Radweg noch zu klären.

Leider geht es beim dem Radwegebau nach den uns vorliegenden Daten im linksrheinischen Gebiet der Bezirksregierung Köln (Eifel, Aachen) und im Regierungsbezirk Düsseldorf auch nur sehr stockend voran. Es ist völlig offensichtlich, dass der Landesbetrieb Strassen.NRW mit der jetzigen Praxis gescheitert ist, die Ziele für den Ausbau der Radwege auch nur annähernd zu erreichen.

Was sind die Ursachen?

In den meisten Fällen ist es sehr schwierig, die zusätzlichen Flächen für den Radweg von den Privatbesitzern zu erwerben. Der Weg über ein Planfeststellungsverfahren mit anschließender Enteignung und Entschädigung ist sehr langwierig und wird gar nicht erst versucht. Weitere Hemmnisse sind die Planungsgesetze mit viel Bürokratie bei der Abstimmung mit den Kommunen, den Wasserverbänden, Naturschutzbehörden, Ingenieurbüros etc. Der viel beklagte Fachkräfte­mangel wurde interessanterweise bei den verzögerten Projekten nur selten angeführt.

Was tut Strassen.NRW dagegen?

Der Landesbetrieb selbst ist offensichtlich auch äußerst unglücklich über seine Misserfolge beim Neubau von Radwegen. Er hat es aber versäumt, einen Planungsvorrat anzulegen, um bei stockenden Projekten flexibel andere baureife Maßnahmen aus der Warteliste vorziehen zu können. Aber er kann sich auch nur in dem Rahmen bewegen, der ihm personell, organisatorisch und finanziell vom Verkehrsministerium gesetzt ist. Damit die ihm für den Radwegebau zugewiesenen Haushaltsmittel am Jahresende nicht der Kameralistik zum Opfer fallen, verfolgt Strassen.NRW u.a zwei Strategien:

  1. Verlagerung der Planungsverantwortung auf die Kommunen und Bürger-Initiativen (Bürger-Radwege). Dies erfolgt in der Hoffnung, dass die örtlichen Verwaltungen zusammen mit der Lokalpolitik und der Bürgerschaft einvernehmlicher und schneller die Probleme mit dem Grundstückserwerb und dem Naturschutz lösen können. Dazu werden entsprechende Verwaltungsvereinba­run­gen (Verträge) abgeschlossen, die sicherstellen, dass die anfallenden Kosten komplett vom Land NRW übernommen bzw. erstattet werden. Im Rheinisch-Bergischen Kreis versucht die Stadt Overath derzeit über diesen Weg an der L84, der L312 und der L360 der vier Lücken im Radwegenetz zu schließen und hat 2023 entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen (KStA 15.April 2023). Das ist trotzdem ein steiniger (?), mehrjähriger Weg, um mit Hilfe von externen Planungsbüros über die erforderlichen Planungsschritte zum Baubeginn zu kommen. Diese Schritte umfassen die Meilensteine der Leistungsphasen 1 bis 7 nach HOAI, u.a. Vermessung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung und Ausschreibung.
  1. Verschiebung der Finanzierungsmittel in den Bereich der Radwege-Sanierung. Kurzfristig ist es natürlich besser, marode Radwege zu sanieren als Gelder verfallen zu lassen. Denn: Weil die im Landeshaushalt für den Neubau und Sanierung von Radwegen bereit gestellten Gelder 2022 nur zu 63% ausgegeben wurden, sind die Radverkehrs-Mittel für 2024 im aktuellen Haushaltsentwurf des Verkehrsministeriums (Titel 777 14) schon prophylaktisch um ca. 5 Mio Euro gegenüber 2023 gekürzt worden. Ein Nachteil der Mittelverschiebung in die Sanierung ist die schlechte Transparenz und die fehlende Regionale Einflussnahme. Den die Priorisierung der Radwegesanierung erfolgt am Regionalrat der Bezirksregierung vorbei zentral auf Landesebene im Düsseldorfer Verkehrs-Ministerium, jährlich Anfang April des Jahres mit einem Planungshorizont nur bis zum Ende des Jahres. Es ist als kurzfristige Maßnahme aber kontraproduktiv für den Ausbau der Infrastruktur, da Zweckentfremdung von MItteln!

Ausblick: weitere Fehlanzeigen und Frust-Aktion

Die Aussichten auf signifikanten Ausbau der Radwege-Infrastruktur sind nicht nur für das Landestraßenprogramm von Strassen.NRW so schlecht. Auch die Planungen für die vier rechtsrheinischen Radpendlerrouten von Troisdorf, Rösrath, Bergisch Gladbach und Leverkusen nach Köln haben seit der Erstellung der Machbarkeitsstudie Anfang 2019 nach jetzt fast 5 Jahren noch fast keine messbaren Fortschritte gemacht.

Noch schlechter ergeht es dem geplanten Radschnellweg von Frechen nach Köln. „Ein Quantensprung für den Radverkehr“ sollte es mal werden. Im November 2013 wurden fünf Radschnellwegprojekte in NRW zu Wettbewerbssiegern erklärt. Zum 10-jährigen Jubiläum ist von den insgesamt 15 Kilometern nur ein einziger gebaut. Wer Verkehrswende und Klimaneutralität will, muss deutlich Fahrt aufnehmen. Radschnellwege werden zum schnellen Pendeln, als sicherer Schulweg oder auch als komfortable Freizeitroute dringend benötigt.

Der ADFC Köln ruft als „Trauerfeier“ anlässlich des 10-jährige Jubiläums zu einer Fahrrad-Demo auf, die vom ADFC RheinBerg unterstützt wird.

„Lasst uns gemeinsam Fahrt aufnehmen. Fahrt mit! Kommt zur Demo!“

Samstag, 18.11. Abfahrt nach Frechen um 10:45 ab Radstation BGL, oder um 12:00 ab Köln Hbf / Breslauer Platz. Start in Frechen/Bahnhof um 13:00.  Abschluss-Kundgebung in Köln auf den Uni-Wiesen um 14:00.


https://rheinberg-oberberg.adfc.de/neuigkeit/neue-radwege-an-landesstrassen-fehlanzeige

Bleiben Sie in Kontakt